Die Cultopia Stiftung und die Bethe-Stiftung erwarben gemeinsam ein ehemalige Hotel in Köln-Worringen, heute das CASA COLONIA piccola III. Seit November 2024 leben dort 18 unbegleitete jugendliche Geflüchtete. Sie werden von der RheinFlanke betreut.

Im Sommer 2025 besuchten wir Khaledin, Luzolo und Alireza und ließen uns ihre Geschichte erzählen.
Wie sieht ihr Alltag aus? Was sind ihre Träume? Wer ist ihr Lieblingsfußballer?

Direkt zu ihren Geschichten

Khaledin aus Afghanistan
Luzolo aus Angola
Alireza aus dem Iran

Khaledin aus Afghanistan

Khaledin

Es klingt fast unglaublich: Vor etwas mehr als einem Jahr kam Khaledin aus Afghanistan nach Deutschland. In Takhar, einer kleinen Provinz im Norden des Landes, an der Grenze zu Tadschikistan, arbeitete er seit seiner Kindheit als Viehhirte. Die Schule besuchte er nur kurz. Als er im Ankunftszentrum in Köln eintraf, konnte er weder lesen noch schreiben. Seit acht Monaten lebt er nun in dem ehemaligen Hotel in Köln-Worringen, das der Verein „Kunst hilft geben“ zusammen mit der Bethe-Stiftung gekauft hat.

Mittlerweile kann der 18-Jährige nicht nur lesen und schreiben, sondern er arbeitet an seinem Hauptschulabschluss am Berufskolleg in der Südstadt. Sein Sprachniveau liegt bei B1, auch Mittelstufe genannt. Das bedeutet, dass der Afghane die Sprache selbstständig verwenden kann. An der deutschen Sprache findet er besonders die Komposita interessant. „Warum heißt es Dönerladen?“, fragt er. „Das ist lustig.“

Khaledin hat einen Wunsch: Er möchte schnell eine Ausbildung zum Maler und Lackierer beginnen. Ein Praktikum in diesem Beruf hat er bereits absolviert. Dieses festigte seinen Berufswunsch. Zunächst heißt es jedoch: lernen. Denn trotz des Nachwuchsmangels im Handwerk ist ein Abschluss Voraussetzung für eine Ausbildung, wie Khaledin merkt. Bei der Suche nach einem Ausbildungsbetrieb unterstützt ihn Andreas von der RheinFlanke, der Jobcoachings für die Bewohner anbietet. Der Leiter der Unterkunft, Chris, meint: „Von seinem Lernwillen und seiner Intelligenz her traue ich ihm das Abitur locker zu. Aber Schritt für Schritt ist sicherlich der richtige Weg.“

Seine Zukunft sieht er in Deutschland: „Hier kann ich frei denken und mich frei bewegen“, sagt er im Gespräch. In Afghanistan lebte er unter ständiger Angst. „Ich durfte den Menschen nicht in die Augen schauen“. Das Leben in Köln und in der Unterkunft gefällt ihm hingegen sehr. „Wir sind hier wie eine Familie. Haben viel Spaß miteinander.“ Er genießt die gemeinsamen Aktivitäten, wie im Jugendzentrum Krebelshof, einem Kooperationspartner, der Kurse und Programme für die jungen Männer anbietet. Dort hat Khaled vor Kurzem seine Leidenschaft für die Gitarre entdeckt. „Ich möchte gerne Gitarre lernen, so wie mein Freund Ahmad.“ Überhaupt interessiert er sich für Musik. „Auf dem Weg zur Schule höre ich immer englische und deutsche Musik.“ Selbst mit Karnevalsschlagern kann er sich anfreunden. „Karneval haben wir viel getanzt. Das war lustig.“

Luzolo aus Angola

Luzolo

Luzolo

Luzolo ist fast immer gut gelaunt – und das, obwohl er sich vor ein paar Wochen den Ellenbogen gebrochen hat. Der 17-jährige Angolaner lacht viel und ist unternehmungslustig. Er betreibt Jiu-Jitsu in Köln-Ehrenfeld und liebt Spaziergänge in der Natur oder in der Stadt. Er trifft gerne Menschen und möchte Dinge erleben. Dazu stachelt er seinen Freund und Zimmergenossen Ahmed an. Obwohl Ahmed mit zwei Metern deutlich größer und ein Jahr älter als Luzolo ist, ist er schüchtern und introvertiert. „Ming jung“ nennt Luzolo seinen Mitbewohner scherzhaft. „Nicht immer nur Handy spielen und TikTok gucken! Lass uns etwas machen.“ Ab und zu bekommt er ihn dann überredet, mit den anderen Jungs Fußball zu spielen oder in die Kölner Innenstadt zu fahren.

Beide wohnen in der Unterkunft für unbegleitete jugendliche Flüchtlinge in Köln-Worringen. Das Haus hat der Verein „Kunst hilft geben“ zusammen mit der Bethe-Stiftung im Jahr 2024 aus Spendengeldern und Erlösen aus Kunstverkäufen erworben und saniert. Seit November 2024 leben dort 18 junge Männer aus Syrien, dem Iran, Afghanistan, der Elfenbeinküste und eben Angola, die von der RheinFlanke betreut werden. Das Konzept des Vereins ist es, Jugendliche mit Spiel und Bewegung zu erreichen. Dieser Ansatz sichert eine hohe Akzeptanz bei den jungen Männern und motiviert sie zur Teilnahme an den Unterstützungs- und Bildungsangeboten.

Anfang 2024 kam Luzolo per Flugzeug aus Angola nach Deutschland. Zuerst lebte er in der zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Bochum, später in der Unterkunft am Kölner Hauptbahnhof, bevor er einen Platz in Worringen fand. Hier fühlt es sich wohl. Er wohnt in einem Doppelzimmer statt in einem Mehrbettzimmer, er kann Billard oder Tischtennis spielen oder mit den anderen Bewohnern fernsehen oder am Computer zocken. Mehrmals die Woche gibt es von der RheinFlanke organisierte Aktivitäten wie Fußball oder Ausflüge in den nahegelegenen Krebelshof, die Sport-, Musik- und Computerkurse anbieten. Auch bei den Hausaufgaben und der Berufsvorbereitung unterstützt ihn das Team von der Rheinflanke.

Gerade arbeitet er an seinem Hauptschulabschluss am Berufskolleg in Deutz. Sobald er ihn in der Tasche hat, würde er gerne eine Ausbildung als Kfz-Mechatroniker beginnen. Ein Praktikum hat er bereits gemacht. Denn Autos sind seine Leidenschaft. Gerne möchte er später einen Mercedes fahren. Aber eigentlich ist ihm jede Automarke recht: Hauptsache, es hat einen Motor und vier Räder. Alternativ könnte er sich eine Ausbildung in der Telekommunikationsbranche vorstellen.

Die kölsche Lebensart hat er nicht nur sprachlich angenommen. Dieses Jahr feierte der 17-Jährige mit Freunden und weiteren Mitbewohnern der Unterkunft Karneval in der Kölner Innenstadt. Sein Kostüm: rot-weiß. Nur dass der 1. FC Köln nicht der beste Verein der Welt ist, davon konnte Chris, der Leiter der Unterkunft und FC-Fan, ihn bislang nicht überzeugen.

Alireza aus dem Iran

Alireza

Sein Tag ist voll getaktet. Von 8 bis 15 Uhr besucht er ein Berufskolleg in Köln-Ehrenfeld, danach geht Alireza meist ins Fitness-Studio. Am späten Nachmittag spaziert er am Rhein oder in der Kölner Innenstadt, trifft sich mit Freunden oder nimmt an Aktionen der RheinFlanke teil, deren Team die Unterkunft in Köln-Worringen betreut. Seit sieben Monaten lebt der Iraner in dem ehemaligen Hotel, das der Verein „Kunst hilft geben“ zusammen mit der Bethe-Stiftung gekauft hat. Die Gelder stammen aus Verkäufen von Kunstwerken, die renommierte Künstler und Künstlerinnen wie Gerhard Richter, Rosemarie Trockel oder HA Schult dem Verein gespendet haben.

Vor eineinhalb Jahren kam Alireza aus dem Iran über die Türkei nach Deutschland. Zwei Monate dauerte seine Reise. Zuerst war der 18-Jährige in der zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Bochum untergebracht, bevor er nach Köln-Worringen kam. Die Sammelunterkunft mit 6‑Bett‑Zimmern hat er gegen ein Doppelzimmer ausgetauscht. Es gibt einen großen Gemeinschaftsraum, einen Billardtisch sowie eine Tischtennisplatte und viele Aktivitäten. „Hier ist es besser als in Bochum. Wir sind alle Freunde. Wir gehen raus, machen Spaß, gehen ins Schwimmbad oder spielen Fußball.“ Wobei seine Fußballkarriere gerade auf Eis liegt, da er sich das Kreuzband gerissen hat. Danach möchte er gerne bei Olympia Köln spielen, mit denen die RheinFlanke eine Kooperation hat.

Im Iran ging er bis zur 10. Klasse in die Schule. Nach der Schule arbeitete er mit seinem Vater als Maler und Lackierer und schraubte an Autos. Beide Berufe haben ihm Spaß gemacht. Daher kann er sich vorstellen, auch in Deutschland als Maler und Lackierer oder Kfz-Mechatroniker zu arbeiten. Dafür ist hier allerdings eine Ausbildung erforderlich. Um diese anzutreten, benötigt er einen hier anerkannten Schulabschluss. So büffelt er. Im Sommer macht er seinen 9er-Abschluss, früher als normaler Hauptschulabschluss bekannt, der auch als Berufsbildungsreife bezeichnet wird. Denn er hat Ziele: eine Ausbildungsstelle finden, einen Führerschein machen, arbeiten. Bei der Suche unterstützt ihn die RheinFlanke, die das Projekt „Hope“ ins Leben gerufen hat, um Perspektiven zu schaffen. Bereits jetzt hat Alireza einen Minijob in einer Bäckerei gefunden, in der er als Verkäufer arbeitet.

In Deutschland hat er sich gut eingelebt. Sein Lieblingsessen sei Kartoffelsalat, so der 18-Jährige. Auf die Frage nach seinem Lieblingsfußballspieler kommt nicht die Standardantwort „Messi“ oder „Ronaldo“, sondern: „Ich mag Thomas Müller“. Zum Entsetzen seines Betreuers Chris würde Alireza am liebsten Fußballprofi bei Bayer Leverkusen werden. „Darüber müssen wir noch reden“, meint der Leiter der Unterkunft und bekennender FC-Fan scherzhaft. Um seine großen Träume zu verwirklichen, wäre eine Karriere als Profifußballer nicht schlecht. „Ich hätte gern einen Bugatti und ein Haus am Rhein in Köln“, sagt Alireza lachend. Doch erst einmal steht sein Schulabschluss an.

Die RheinFlanke ist eine anerkannte Trägerin für sportbezogene Jugend- und Bildungsarbeit in Köln. Die Sozialarbeiter der RheinFlanke stehen den jungen Männern an sieben Tagen rund um die Uhr zur Seite.

 

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